Samstag, 14. September 2013

Die ungewöhnlichsten Orte Wiens (Friedhof der Namenlosen)

Hallo Leute!

Wo sonst gibt es so viele ungewöhnliche Orte wie in Wien... Gerade die morbide Seite der Wiener kommt immer wieder gerne zum Vorschein und ist für eine Piefke wie mich gerade am Anfang etwas irritierend. Als ich das erste mal vom Friedhof der Namenlosen in Simmering hörte, hatte ich den Namen relativ schnell wieder vergessen. Als ich dann anfing, über diese traumhafte Stadt zu schreiben, dachte ich sofort, dass ich da mal hinmuss.

Friedhof der Namenlosen
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Lage
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Der Friedhof der Namenlosen ist nur relativ kompliziert zu erreichen. Mit den Öffis fährt man mit der U3 bis zum Enkplatz und von dort mit der 76A weiter bis Alberner Hafen. Achtung, nicht jede 76A macht den Schlenker, so dass wir beispielsweise (weil schlecht vorbereitet) aus dem Ortszentrum von Kaiserebersdorf in den Hafen gelaufen sind (gut 45 min Fussmarsch). Von der Haltestelle Alberner Hafen sind es noch gut 500 m, das ganze ist aber wunderbar ausgeschildert.


Was steckt hinter dem Namen?
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Nun wie so vieles in Wien ist die Geschichte dieses Friedhofes eng mit der Donau verbunden. An der Hafeneinfahrt wurden aufgrund eines besonderen Strudels neben Treibgut immer wieder Wasserleichen angespült (470 alleine zwischen 1840 und 1900). Da es sich dabei meist um Selbstmörder handelte, die nicht auf katholischen Friedhöfen bestattet werden durften und vor allem weil die meisten bis zur Unkenntlichkeit entstellt waren, wurden sie an Ort und Stelle begraben.

Im Jahr 1900 beschloss man aufgrund der häufigen Überschwemmungen den Bau eines neuen Friedhofes, der hinter einem Damm liegt. Vom alten Friedhof ist heute nicht mehr viel zu sehen, dafür umso mehr von den gut 100 Gräbern, die in einer Senke hinter einer rundgebauten Kapelle liegen. Viele der Kreuze sind schlichte Metallkreuze mit einer weißen Jesusfigur, nur sehr wenige der Gräber tragen einen Namen, häufig steht auf den kleinen Schildern nur ein Sterbedatum mit dem Wort namenlos, oft nur "Name unbekannt".

In der Kapelle findet jeden 1. Sonntag um 15:30 eine heilige Messe statt. Ansonsten wird einmal jährlich zu Allerheiligen ein Floss mit Blumen geschmückt und in der Donau bis zum Schwarzen Meer treiben gelassen. Diese Tradition soll an alle erinnern, die die Donau nicht mehr freigegeben hat.






Sehr schön finde ich die beiden auf Tafeln verewigten Gedichte.



Mein Eindruck
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Ich muss sagen, mir war der Friedhof ein kleines bisschen unheimlich. Obwohl die schlichten Gräber zu Menschen gehören, die häufig von ihren Angehörigen vergessen wurden oder die nicht wissen, wo ihre Angehörigen geblieben sind, erzählt jedes Grab eine kleine Geschichte. So gibt es beispielsweise ein Grab eines 11jährigen Jungen, der 1904 in der Donau ertränkt wurde. Oder ein weiteres Grab gehört einer Frau, deren Sohn sich 5 Jahre nach ihrem Tod an ihrem Grab erschossen hat. Ein weiteres Grab gehört zu einem Deutschen Arbeiter, der 1939 beim Bau des Hafens ertrunken ist.

Man vergisst an diesem liebevoll gepflegten Platz beinahe die hektische Betriebsamkeit des direkt angrenzenden Hafens und die Anwesenheit der nahen Donau. Aber dennoch, ein kleines bisschen unheimlich ist es hier schon.

Der Platz ist sicher nix für Wien-Anfänger, man muss alleine für die Hin- und Rückfahrt von der City aus 2-2,5 Stunden einkalkulieren, so ist schonmal locker der Nachmittag vergangen. Aber wenn man mal länger in Wien ist oder vielleicht sogar hier wohnt ist diese außergewöhnliche Sehenswürdigkeit auf jeden Fall einen Besuch wert. Immerhin kann man noch einen schönen Spaziergang auf dem Treppelweg entlang der Donau machen.

In diesem Sinne

Eure Anke

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